Der Evangelist Johannes

Der Evangelist Johannes

Manuskript: Uta-Codex
Bibliothek: Bayerische Staatsbibliothek, München; Signatur Clm 13601, fol. 89v
Herkunft: Regensburg (Deutschland), Abtei St. Emmeram, um 1020

Beschreibung:
Dieses berühmte Manuskript, eines der großen Schätze der Bayerischen Staatsbibliothek, ist ein herausragendes Zeugnis der Buchmalerei des 11. Jahrhunderts, wie sie im Skriptorium von St. Emmeram in Regensburg, der Residenz der bayerischen Herzöge, geschaffen wurde. Der Codex vereint den charakteristischen Regensburger Stil, der zahlreiche ältere Traditionen aufgreift, mit zeitgenössischem theologischen und philosophischen Gedankengut. Gleichzeitig spiegelt er die spirituellen Interessen der Auftraggeberin wider, der bemerkenswerten und angesehenen Äbtissin des Niedermünster-Klosters bei Regensburg: Uta von Kirchberg (in Schwaben). Uta stammte aus adligem Hause, war in vielen Bereichen gebildet und nahm auch an den politischen Ereignissen ihrer Zeit aktiv Anteil.

Die kostbarste und zugleich rätselhafteste Miniatur dieses Manuskripts ist die Darstellung des heiligen Johannes (fol. 89v). Er wird im byzantinischen Stiltypus gezeigt, den Blick nach oben gerichtet, während er von der „adlergleichen Flucht seiner Gedanken“ ergriffen ist. Auf seinem Schoß liegt eine leere Schriftrolle, die mit dem Text seines Evangeliums gefüllt werden soll. Nach westlicher Tradition erscheint über seinem Haupt ein Adler – das Attribut des heiligen Johannes und seine Inspirationsquelle. Der Adler steht auf der heiligen Schriftrolle und blickt zur Szene im Medaillon rechts oben, wo Gottes Hand Johannes den Täufer segnet. Dies ist eine Anspielung auf die Legende, dass Johannes der Evangelist ein „Jünger“ von Johannes dem Täufer war, dem Vorläufer Christi.